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Video-Tipp: Rollstuhlfahrerin muss ihr Baby abgeben (quer/BR Fernsehen)

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Video-Tipp: Rollstuhlfahrerin muss ihr Baby abgeben (quer/BR Fernsehen)

Beitrag von kjh-mov »

Video-Tipp: Rollstuhlfahrerin muss ihr Baby abgeben (quer/BR Fernsehen)
von Caroline Brandes, veröffentlicht am 30.09.2019 05:28 Uhr

Christoph Süß von quer/BR Fernsehen beschreibt einen aktuellen Fall von Amtswillkür, durch den eine alleinerziehende Mutter und ihr Kind voneinander getrennt werden, weil ihr Antrag auf eine Elternassistenz noch nicht bis zur Geburt bearbeitet wurde, weil nicht alle Unterlagen vorgelegen hätten. Diese fehlenden Unterlagen hätte sie aufgrund ihrer Behinderung und Schwangerschaft sowie der extrem hohen Temperaturen in diesem Sommer nicht beibringen können:
"Es ist wohl der Alptraum jeder Mutter: Kurz nach der Geburt muss sie das Neugeborene weggeben. Einer Frau mit Gehbehinderung in München ist das vor kurzem passiert. Obwohl sie vor der Geburt Anträge auf eine Elternassistenz gestellt habe, sei der Antrag von den Behörden bis zur Geburt des Kindes nicht bearbeitet worden. Die Behörde weist die Vorwürfe zurück."1
Was ist los in Deutschland, dass eine Behörde sehenden Auges eine Kindeswohlgefährdung von Amts wegen produziert und nicht von selbst unterstützend eingreift, um fehlende Unterlagen zu bekommen, damit ein Säugling nicht von seiner Mutter getrennt werden muss?

Wie viele Fälle dieser Art gibt es noch in Deutschland, in denen Eltern aufgrund bürokratischer Hürden ihre Kinder ohne Vorliegen einer akuten Kindeswohlgefährdung weggenommen wurden?

Hilal Kutlu (PflegeExperten Kutlu2) ist es zu verdanken, dass der Säugling von Ramona Böhner vorläufig nicht mehr in einer Bereitsschaftspflegestelle untergebracht sein muss, die ebenfalls Kosten aufwirft. Sie ist in Vorleistung gegangen, bis die Kosten für eine Sozialassistenz nach § 78 SGB IX Assistenzleistungen3 geregelt sind:
"(1) Zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltages einschließlich der Tagesstrukturierung werden Leistungen für Assistenz erbracht. Sie umfassen insbesondere Leistungen für die allgemeinen Erledigungen des Alltags wie die Haushaltsführung, die Gestaltung sozialer Beziehungen, die persönliche Lebensplanung, die Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben, die Freizeitgestaltung einschließlich sportlicher Aktivitäten sowie die Sicherstellung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen. Sie beinhalten die Verständigung mit der Umwelt in diesen Bereichen.
(2) Die Leistungsberechtigten entscheiden auf der Grundlage des Teilhabeplans nach § 19 über die konkrete Gestaltung der Leistungen hinsichtlich Ablauf, Ort und Zeitpunkt der Inanspruchnahme. Die Leistungen umfassen

1. die vollständige und teilweise Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie die Begleitung der Leistungsberechtigten und
2. die Befähigung der Leistungsberechtigten zu einer eigenständigen Alltagsbewältigung.


Die Leistungen nach Nummer 2 werden von Fachkräften als qualifizierte Assistenz erbracht. Sie umfassen insbesondere die Anleitungen und Übungen in den Bereichen nach Absatz 1 Satz 2.
(3) Die Leistungen für Assistenz nach Absatz 1 umfassen auch Leistungen an Mütter und Väter mit Behinderungen bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder.
(4) Sind mit der Assistenz nach Absatz 1 notwendige Fahrkosten oder weitere Aufwendungen des Assistenzgebers, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles notwendig sind, verbunden, werden diese als ergänzende Leistungen erbracht.
(5) Leistungsberechtigten Personen, die ein Ehrenamt ausüben, sind angemessene Aufwendungen für eine notwendige Unterstützung zu erstatten, soweit die Unterstützung nicht zumutbar unentgeltlich erbracht werden kann. Die notwendige Unterstützung soll hierbei vorrangig im Rahmen familiärer, freundschaftlicher, nachbarschaftlicher oder ähnlich persönlicher Beziehungen erbracht werden.
(6) Leistungen zur Erreichbarkeit einer Ansprechperson unabhängig von einer konkreten Inanspruchnahme werden erbracht, soweit dies nach den Besonderheiten des Einzelfalles erforderlich ist."4
Angesichts des Sachverhalts, dass Menschen mit bestimmten Behinderungen eine Sozialassistenz benötigen, um überhaupt Anträge dieser Art zu stellen, ist es dringend erforderlich, dass Behörden sich gegenüber ihren Bürgern in der Bringschuld sehen. Dies scheint ein grundsätzliches Problem in unserem Land zu sein.

Fußnoten:
  1. Christoph Süß, Rollstuhlfahrerin muss ihr Baby abgeben, quer/BR Fernsehen, 26.09.2019, https://www.ardmediathek.de/ard/player/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvL2NlZjlkNTRhLTFlNjUtNDMzNy04OWQzLTVkMDFlM2E1ZjBhMg/, zuletzt aufgerufen am 30.09.2019
  2. PflegeExperten Kutlu, https://www.bestens-umsorgt.de/einrichtungen/1105-ambulanter-dienst-pflegeexperten-kutlu/, zuletzt aufgerufen am 30.09.2019
  3. § 78 SGB IX Assistenzleistungen, Sozialgesetzbuch IX, https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbix/78.html, zuletzt aufgerufen am 30.09.2019
  4. Ebd.
Wortzählung: 684
"Wer nichts weiß, muss alles glauben."
Marie von Ebner-Eschenbach

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