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Geburtshilfliche Versorgung in Rheinland-Pfalz

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Geburtshilfliche Versorgung in Rheinland-Pfalz

Beitrag von kjh-mov »

Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Frisch (AfD) des LanKleine Anfrage des Abgeordneten Michael Frisch (AfD) des Landtags von Rheinland-Pfalz – Drucksache 17/992 – vom 14. September 2016:
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Der deutsche Hebammenverband klagt über die zunehmende Unterversorgung bei der Geburtshilfe in Deutschland. Immer mehr
Frauen finden keine wohnortnahen Angebote im Umfeld von Schwangerschaft und Geburt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie hat sich die Zahl der Hebammen in Rheinland-Pfalz seit 1995 bis heute entwickelt?
2. Wie hat sich die Zahl der Entbindungsstationen in Rheinland-Pfalz in den Jahren 1995 bis 2016 entwickelt?
3. Welche Entbindungsstationen wurden in den letzten zehn Jahren aus welchen Gründen geschlossen?
4. Hält die Landesregierung das Geburtshilfe-Angebot in Rheinland-Pfalz für ausreichend?

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Die Kleine Anfrage wurde durch das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie der Landesregierung mit der Drucksache 17/1129 vom 27. September 2016 beantwortet:

"Seit dem Jahr 2009 ging die Zahl der Entbindungsstationen in Rheinland-Pfalz von 47 auf 34 zurück. Das ist ein Rückgang um 28 % [1]. Gründe für die Schließung seien gewesen":
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  • niedrige Geburtenzahlen,
  • fehlende Ärzte,
  • Haftungsrisiken (insbesondere hohe Haftpflichtprämien) und
  • nicht ausgleichbare wirtschaftliche Defizite aufgrund hoher Vorhaltekosten in Verbindung mit niedrigen Erlösen.
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Die Anzahl an Lebendgeburten in Rheinland-Pfalz ist aber nicht gesunken, wie vermutet werden kann, wenn von "niedrigen Geburtenzahlen" oder wie beim SWR von zu "wenigen Geburten" oder in der Drucksache 17/1129 von der "demographischen Entwicklung" gesprochen wird. Die Anzahl Lebendgeburten stieg nämlich entgegen der Erwartungen als Leser nach den uns vorliegenden Daten [3] im genannten Bezugszeitraum von 30881 auf 34946, also um 13,2 %.[/block]

Bild
Lebendgeborene in Rheinland-Pfalz von 2009 bis 2015, Diagramm von kjh-mov erstellt anhand von Daten des Statistisches Bundesamts (Destatis) [3]

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Es hätte auch ein wenig merkwürdig angemutet, wenn bei rückläufigen Geburtenzahlen zwischen 2005 und 2015 ein Anstieg an Hebammen von 915 auf 1139 um rund 24 Prozent zu verzeichnen ist. Die Zahl der Hebammen je 100000 Frauen im Alter zwischen 5 bis 44 Jahren ist laut Drucksache 17/992 im Zeitraum von 2005 bis 2015 von 115,6 auf 165,7 um 43 Prozent gestiegen [1]. Eine Angabe, wie viele der Hebammen in Vollzeit oder Teilzeit tätig sind, kann der Drucksache 17/1129 nicht entnommen werden. Inwieweit eine unterschiedliche Erfassung von Hebammen als Freiberufler/Selbstständige bzw. Angestellte erfolgt, wird zu gegebener Zeit geklärt.

Laut SWR weist ein Sprecher des Hebammen-Bundesverbandes darauf hin, dass "viele Hebammen keine Geburtshilfe mehr leisten, sondern sich auf das Drumherum wie die Schwangerschaftsberatung, Wochenbettbetreuung und Rückbildungsgymnastik konzentrieren. Grund seien die hohen Versicherungsprämien für die Berufshaftpflicht. Sie liegen bei 6.843 Euro im Jahr, wovon die Hebammen mindestens 1.954 Euro selbst stemmen müssen" [2]. Auf jeden Fall scheint einiges in Bewegung gekommen zu sein, seit dem die Haftpflichtprämien extrem gestiegen sind.

Offensichtlich waren kleinere Entbindungsstationen aufgrund der hohen Haftungsprämien nicht mehr konkurrenzfähig mit größeren Kliniken. Dafür wurde offenbar viel Geld in die Versorgung von Früh- und Neugeborener in den sogenannten Level-1-Zentren gesteckt. Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie der Landesregierung Rheinland-Pfalz teilt hierzu folgendes mit [1]:[/block]
[block]Die Sicherstellung einer flächendeckenden Geburtshilfe gehört zu den wichtigsten Aufgaben der rheinland-pfälzischen Gesundheitspolitik. Die demografische Entwicklung hat zu einer Situation geführt, die die Anzahl von Geburtshilfen, nicht nur in Rheinland-Pfalz, sinken lässt. Trotz des Rückgangs an Geburtshilfen ist auch weiterhin eine flächendeckende und hochwertige geburtshilfliche Versorgung durch die rheinland-pfälzischen Krankenhäuser gewährleistet. Die überwiegende Mehrzahl der seit 2008 geschlossenen Geburtshilfen befand sich in unmittelbarer räumlicher Nähe zu größeren geburtshilflichen Abteilungen, die die Versorgung der Entbindenden seither übernehmen. Probleme sind in diesem Zusammenhang nicht bekannt geworden.

Das Land Rheinland-Pfalz verfügt über eine hervorragende personelle und sächliche Ausstattung der verbliebenen Geburtshilfen; allein 9 davon sind Perinatalzentren Level 1, dem höchsten Stand der Versorgung. Die seit dem Jahr 2009 durch die Weiterentwicklung der Qualitätsrichtlinien kontinuierlich gestiegenen Qualitätsanforderungen für die Versorgung Früh- und Neugeborener werden von den Level-1-Zentren konsequent umgesetzt und finden im Rahmen der Krankenhausplanung Berücksichtigung.[/block]
[block]Nur gibt es überhaupt so einen hohen, gestiegenen Bedarf an diesen Level-1-Zentren bei der gestiegenen "demographischen Entwicklung", welche dazu geführt haben soll, dass die Anzahl von Geburtshilfen hat sinken lassen? Es kommen Zweifel bei der nicht stringenten Argumentation des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie der Landesregierung Rheinland-Pfalz. Offenbar hatte man nicht den Mut mitzuteilen, dass insbesondere die hohen Haftungsprämien Krankenhäuser gegenüber kleinere Geburtshilfen bevorzugen. Offensichtlich stehen Eltern hierdurch auch weniger Alternativen in der näheren Umgebung zur Verfügung.

Wir werden daher nach weiteren Antworten zu den offenen Fragen Ausschau halten.

Zu Frage 3 verweisen wir Sie auf die Drucksache 17/1129 [1].

Sie werden sich fragen, was dieser Beitrag mit dem "Multiorganversagen in der Kinder- und Jugendhilfe und der Justiz" zu tun hat. Unseres Verständnis nach sehr viel. Immerhin wird den Eltern durch Veränderungen wie z.B. durch das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) immer mehr abverlangt, die Kontrolle wird immer größer. Ihre Bedingungen als Eltern werden aber im gleichen Zeitraum auch erschwert, wenn aufgrund fehlgeleiteter politischer Entscheidungen Eltern weitere Wege auf sich nehmen müssen, um ihre Kinder in immer weitere hochspezialisierte Kliniken gebären zu dürfen. Um kostendeckend zu arbeiten, werden die getätigten Investitionen sicherlich auch abgerechnet werden müssen. Es wird daher eine spannende Frage sein, inwieweit sich hier eine weitere Fehlentwicklung zu Lasten des Steuerzahlers und der Krankenkassen ergeben hat.[/block]

[1] Landtag Rheinland-Pfalz, Geburtshilfliche Versorgung in Rheinland-Pfalz, Drucksache 17/1129, aufgerufen am 07.10.2017
[2] SWR, Rheinland-Pfalz, Immer weniger Kreißsäle in Rheinland-Pfalz, Zu wenige Geburten, Stand: 05.11.2016, 12.51 Uhr, aufgerufen am 07.10.2017
[3] Statistisches Bundesamt (Destatis), Lebendgeborene: Bundesländer, Jahre, Geschlecht, Ergebnis - 12612-0100, 2017, aufgerufen am 06.10.2017
Wortzählung: 1015
"Wer nichts weiß, muss alles glauben."
Marie von Ebner-Eschenbach

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