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Kommentar: Familienrichterin im Interview, "Wir können den Geschichten der Eltern nicht trauen" (Spiegel+)

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Kommentar: Familienrichterin im Interview, "Wir können den Geschichten der Eltern nicht trauen" (Spiegel+)

Beitrag von kjh-mov »

"Wir können den Geschichten der Eltern nicht trauen"
Ein Kommentar von Caroline Brandes, veröffentlicht am 07.11.2018 19:44 Uhr

Um das Interview1 von Spiegel+ mit der Familienrichterin Sabine Heinke, die im deutschlandweit bekannt gewordenen "Fall Kevin" die zuständige Richterin war, besser einordnen zu können, wird auf den 330 seitigen Bericht des Untersuchungsausschusses des Bremer Landtages2 verwiesen. Kevin starb damals im Alter von 2 Jahren und wurde von Polizisten im Kühschrank seines Ziehvaters entdeckt.

Familienrichterin Sabine Heinke sagte:1
"Wir können den Geschichten der Eltern nicht trauen"
Konnte Kevin den für ihn verantwortlichen Menschen trauen?

Folgende Auszüge sind dem Bericht des Untersuchungsausschusses des Bremer Landtages2 entnommen. Auf Seite 73 ist unter anderem zu lesen:
"Da die Anfrage der Familienrichterin vom 22. Dezember 2005 damals vom Casemanager nicht umfassend beantwortet worden war, fragte diese mit Email vom 19. Januar 2006 noch einmal nach dem aktuellen Stand und der Situation Kevins und seines Ziehvaters. Daraufhin wies der Casemanager auf die Umzugspläne hin und teilte mit, dass er demnächst einen Termin mit dem Ziehvater und dessen methadonvergebenden Arzt habe. Die Richterin antwortete, sie traue (ehemals) drogenabhängigen Eltern nicht über den Weg. Sie habe und schon einige Fälle erlebt, in denen trotz ärztlicher Kontrolle Beigebrauch erfolgt sei.

Der Casemanager erwiderte, dass man dem Ziehvater tatsächlich immer nur die Hälfte glauben dürfe und er bezüglich des Beigebrauchs nicht ganz ohne sei. In dem Zusammenhang berichtete er auch von dem Vorfall im Hauptbahnhof Hannover und teilte mit, dass ihm nähere Informationen darüber noch nicht übersandt worden seien. Die Email endet mit dem Vorschlag, sich vor einer endgültigen Sorgerechtsregelung für Kevin nochmals auszutauschen."2
Auf Seite 74 ist dem Bericht zu entnehmen, dass offensichtlich sehr früh Probleme zu erkennen waren, dennoch legte die Richterin die Akte erst einmal für sechs Monate weg. Der Casemanager, der bereits zuvor die Anfrage der Richterin nicht umfassend beantwortet hatte, blieb unkontrolliert und zudem auf sich gestellt.
"Am 6. Februar 2006 fand ein Gespräch zwischen dem Ziehvater, dem Amtsvormund, dem methadonvergebenden Arzt sowie dem Casemanager statt, über das der Casemanager die Familienrichterin am nächsten Tag informierte. Als Ergebnisse dieses Gesprächs wurden festgehalten, dass der Ziehvater zunächst in Bremen wohnen bleiben und versuchen wolle, über eine Kirchengemeinde Hilfe in seiner Trauerarbeit zu finden. Die Amtsvormundschaft solle bestehen bleiben und Kevin umgehend in eine Tagespflegestelle kommen, in der sich bereits Kinder befinden. In einem halben Jahr solle ein weiteres Hilfeplangespräch stattfinden.

Die Familienrichterin antwortete am 21. Februar 2006, sie habe Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Arztes, dem in einem ihr bekannten Fall nachgewiesen worden sei, dass er zu Unrecht Beigebrauchsfreiheit bescheinigt habe. Sie appelliere daher eindringlich an den Casemanager, den Ziehvater im Auge zu behalten. Im Übrigen werde sie die Akte jetzt erst einmal für sechs Monate weglegen."2
buten un binnen hat 2016 in einer Wochenserie den "Fall Kevin" zehn Jahre nach seinem Tod noch einmal beleuchtet, bei dem das Bremer Jugendamt so entsetzlich versagt hatte. Es ist das gleiche Jugendamt, bei dem auch die Familie Orlowski einen jahrenlangen Kampf führen mussten, damit Vater und Großeltern mit Christian Kontakt haben dürfen. In diesem Fall lag zu keiner Zeit eine Kindeswohlgefährdung vor. buten un binnen hatte sich daher in dieser Wochenserie auch mit diesem Fall mit zwei Beiträgen befasst (siehe Fall "Orlowski"). Im Folgenden sind die Videos zum "Fall Kevin" verlinkt:

buten un binnen Wochenserie (1): Video "Kevin - der Staat hat entsetzlich versagt"
"Vor zehn Jahren starb in Bremen der damals zweijährige Kevin. Das Kind wurde von Polizisten im Kühlschrank seines drogensüchtigen Ziehvaters entdeckt. Beim damaligen Bürgermeister Jens Böhrnsen ist der Fall noch heute ganz gegenwärtig. Er fühlt sich mit dem Schicksal des kleinen Jungen, den er fast gerettet hätte, eng verbunden. Dann aber scheiterte alles an den Behörden. Ein entsetzliches Staatsversagen, konstatiert Böhrnsen heute und er spricht über sich, den Fall und wie der ihn und Bremen verändert hat."3
buten un binnen Wochenserie (2): Video "Kevin – 10 Jahre danach"
"Im zweiten Teil unserer Wochenserie berichten wir über den "Fall" Kevin, wie es dazu kommen konnte und was das Jugendamt daraus für Konsequenzen gezogen hat."4
buten un binnen Wochenserie (5): Video Frühstück mit Klaus Möhle
"Kaum einer kennt den Fall "Kevin" so genau wie Klaus Möhle, früher bei den Grünen und heute SPD Sozialpolitiker. Er hat alle persönlichen Notizen und seine Kopien der Ausschußberichte zu "Kevin" geschreddert, weil er einen Strich ziehen wollte zu sehr habe ihn das mitgenommen. Aber als wir zum Frühstück bei ihm zu Hause über Kevin reden, ist alles sofort wieder da. Möhle macht dem damals verantwortlichen Casemanager zehn Jahre nach Kevins Tod schwere Vorwürfe."5
buten un binnen Wochenserie (6): Video "Kevin zehn Jahre danach" ein Fazit
"Eine Woche lang haben wir in unserer Serie "Kevin zehn Jahre danach" an den Fall des toten Jungen aus Gröpelingen erinnert. Heute wollen wir im Gespräch mit einem der beiden Autoren der Wochenserie, Rainer Kahrs, beleuchten, was sich danach im Bremer Jugendamt geändert hat, und welche dieser Änderungen auch wirklich im Alltag greifen."6

Quellen:
  1. Jean-Pierre Ziegler, Familienrichterin im Interview, "Wir können den Geschichten der Eltern nicht trauen", Spiegel+, 27.09.2018, http://www.spiegel.de/plus/familienrich ... 1a3cdde9ec , zuletzt aufgerufen am 07.11.2018
  2. Bremische Bürgerschaft, Drucksache 16/1381, Landtag, 18.04.2007, 16. Wahlperiode,
    Bericht des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung von mutmaßlichen Vernachlässigungen der Amtsvormundschaft und Kindeswohlsicherung durch das Amt für Soziale Dienste, http://www.pantucek.com/bremen_kevin.pdf, zuletzt aufgerufen am 07.11.2018
  3. Rainer Kahrs, Mathias Siebert: Wochenserie (1): "Kevin - der Staat hat entsetzlich versagt", buten un binnen, Radio Bremen, 10.10.2016, dl-ondemand.radiobremen.de/mediabase/14 ... 93_960.mp4, zuletzt aufgerufen am 01.12.2018
  4. Rainer Kahrs, Mathias Siebert: Wochenserie (2): "Kevin – 10 Jahre danach", buten un binnen, YouTube, 11.10.2016, http://dl-ondemand.radiobremen.de/media ... 34_960.mp4, zuletzt aufgerufen am 01.12.2018
  5. Rainer Kahrs, Mathias Siebert: Wochenserie (5): Frühstück mit Klaus Möhle, buten un binnen, YouTube, 15.10.2016, http://dl-ondemand.radiobremen.de/media ... 67_960.mp4, zuletzt aufgerufen am 01.12.2018
  6. Mathias Siebert, Wochenserie (6): "Kevin zehn Jahre danach" ein Fazit, buten un binnen, YouTube, 11.10.2016, http://dl-ondemand.radiobremen.de/media ... 20_960.mp4, zuletzt aufgerufen am 01.12.2018
Wortzählung: 1100
"Wer nichts weiß, muss alles glauben."
Marie von Ebner-Eschenbach

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